Blutrausch

Gestern bekam ich einen Link zugeschickt, dessen Fotos mich schockierten. Zuerst dachte ich, die Bilder wären manipuliert. So etwas kenne ich bisher nur aus Berichten von Japan, wo in der Bucht von Taiji Delfine zusammengetrieben und abgeschlachtet werden. Auf der Suche nach Prachtexemplaren, die teuer an westliche Zoos und Delfinarien verkauft werden.
So etwas gibt es auch auf den Färöer Inseln, nur dort ist es eine Tradition, die zurückgeht auf die Wikingerzeit. Viele Jahrhunderte diente die Jagd und das Erlegen von Grindwalen als Quelle für Nahrung und Vitaminversorgung. Die Fotos zeigen Menschen in Motorbooten, teilweise im Neoprenanzug. Getötet wird mit archaisch anmutenden Waffen. Weder Harpunen, noch Speere oder Schusswaffen dürfen benutzt werden. Um die Tiere orientierungslos zu machen, wird ihnen ein Haken ins Blasloch gerammt. Mehrere Männer ziehen sie mit Seilen an Land, wo sie mit einem Grindmesser getötet werden.
Das Erspähen einer Grindwal"schule" (die Tiere sind in großen Gruppen unterwegs) ist Zufall. Alles, was laufen kann wird informiert und mobilisiert. Ins Wasser gehen die starken Männer. Am Ufer stehen die Kinder, die schulfrei haben, die Frauen mit Kinderwagen und die Alten. Sogar Predigten sollen unterbrochen werden. Das Fleisch wird unter der Bevölkerung aufgeteilt. Es steht nicht zum Verkauf. Das Gemetzel ist heute nicht mehr nötig, da die Supermärkte voll mit subventionierter Ware sind. Die Männer fühlen sich beim gemeinsamen Töten als Männer.

Warum schockieren mich diese Bilder? Ist es das Wasser, das sich in der Bucht rot färbt? Sind es die modernen Menschen, die archaisch abschlachten? Ist es die Freude in den Gesichtern, deren Körper in blutrotem Wasser zwischen sterbenden Lebewesen stehen?

Ich kann diese Menschen nicht verurteilen, denn auch ich esse Fleisch. Und manchmal weiß ich nicht woher es kommt. Darf ich mich moralisch auf eine höhere Stufe stellen und empört mit dem Finger auf andere zeigen, nur weil ich das Schwein oder das Rind, das ich esse, nicht selbst jagen, töten und zerlegen muss? Zeige ich hier eine "Scheinempörung"? Woher will ich wissen, ob und wie das Tier, das ich esse, gelitten hat, bevor sein Blut in einer Rinne abfloss. Garantiert biologische Tierhaltung einen schmerzfreien Tod? Ich selbst sitze im Glashaus und fühle mich unfähig Steine zu werfen.
Die Bilder gehen mir nicht aus dem Kopf. Sie machen mich traurig. Es ist die Lust am Töten. Ich kenne das auch. Den Triumpf, wenn ich eine Mücke erschlagen habe, bevor sie mich stechen konnte. Sie wohnt uns allen inne, diese Lust. Egal, ob einem Tier niedere oder höhere Intelligenz zugeordnet wird. Wir töten.

Man kann argumentieren, dass dieser Vergleich ziemlich weit hergeholt ist, aber ich habe nun mal "The Work" von Byron Katie kennengelernt. Diese Methode hat mir die Augen geöffnet für die Tatsache, dass ich nur dann stark emotional auf Dinge reagiere, wenn ich sie selber kenne und dass ich den Anspruch, den ich an andere richte, erst einmal selbst erfüllen darf. Wo also sollte ich selbst aufhören lustvoll abzumurksen und mich auch noch toll dabei fühlen? Wo kämpfe ich modernst ausgestattet einen alten barbarischen Kampf? Wo denke ich fortschrittlich zu sein und es färbt sich noch immer alles rot und ich denke ich bin im Recht? Obwohl es schon lange jeglicher Berechtigung entbehrt und mich nicht mehr wirklich nährt, sondern vergiftet? An welcher Tradition halte ich fest, die mir schon lange nicht mehr entspricht?
Das bringt mich auf den Punkt.

Für die Färöer wird sich die Sache regeln. Früher oder später. Auch ohne meine Empörung. Sie können ihren alten traditionellen Kampf weiter kämpfen oder Verstand walten lassen und die neue verseuchte Umwelt akzeptieren. Um ihrer selbst willen.

Am 26. November 2008 wurde seitens der färöischen Gesundheitsbehörde erstmals davon abgeraten, überhaupt noch Grindwalfleisch zu essen. Als Begründung wird das nicht mehr tolerable Risiko der Parkinsonkrankheit aufgrund der Quecksilberbelastung genannt. Der Landesarzt Høgni Debes Joensen und der Oberarzt Pál Weihe erklärten:
„Wir geben diese Empfehlung in Trauer. Der Grind diente den Färingern über viele Jahrhunderte und hat in dieser Zeit wahrscheinlich vielen das Leben gerettet. Aber die Zeiten und die Umwelt ändern sich, und deswegen meinen wir, dass diese Empfehlung medizinisch nötig ist.“
Portal.fo: 26. November 2008[8]
Der färöische Gesundheitsminister Hans Pauli Strøm schloss sich daraufhin der Forderung nach einem Verzicht auf Grindwalfleisch an, betonte aber, dass es die Entscheidung jedes einzelnen sein müsse, ob er dem Rat folgt.
Eintrag Wikipedia

Mehr Informationen bei OCEANCARE.


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